Die Hände ruhen am Rednerpult, die Stimme fest: Boris Rhein blickt in den Plenarsaal und spricht über Vertrauen – und Arzneimittelsicherheit.
Der Applaus bleibt höflich, doch die Botschaft ist deutlich: Wer Arzneimittelsicherheit ernst nimmt, muss neu denken – und neu handeln. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) nutzt seine Rede im Bundesrat für einen Weckruf. Im Zentrum: die Versorgung mit kritischen Medikamenten, die pharmazeutische Unabhängigkeit Europas – und ein klares Bekenntnis zum Standort Hessen.
Verlässlichkeit made in Hessen
„Wir haben die besten Voraussetzungen“, sagt Rhein, „Chemie und Pharma sind Leitbranchen in unserem Land.“ Tatsächlich ist Hessen nicht nur der größte industrielle Arbeitgeber im Pharmabereich, sondern auch ein historisch gewachsener Standort: Schon lange trägt das Land die Bürde – und das Potenzial – einer Apotheke Europas.
Doch in den letzten Jahren hat sich etwas verschoben: Lieferengpässe bei Antibiotika, Wirkstoffabhängigkeit von Drittstaaten, zerbrechliche Lieferketten. Rhein beschreibt die Lage nüchtern, aber nicht resigniert. Er will den Standort neu aufstellen. „Hessen wird daran arbeiten, Deutschland zum weltweit innovativsten Pharma-, Chemie- und Biotechnologiestandort zu machen.“
Hessen im Zentrum europäischer Strategie
Rhein denkt dabei nicht national, sondern europäisch – und fordert von der EU mehr als einen regulatorischen Reparaturbetrieb. Gemeinsam mit Bund und Ländern müsse Europa die Arzneimittelversorgung zur „strategischen Kernaufgabe“ machen. Der Vorschlag für eine neue EU-Verordnung zur Sicherstellung kritischer Arzneimittel sei ein „wichtiges Signal“. Doch es dürfe nicht beim Signal bleiben.
Wiesbaden solle dabei mehr als nur ein Ort der Erinnerung sein – an bessere Zeiten. Vielmehr solle es wieder Apotheke Europas werden, wie Rhein es nennt. Forschung, Produktion, Sicherheit: All das soll zurück in die Mitte der EU – und in die Mitte Hessens.
Mehr Vertrauen durch Produktion
„Es geht um Vertrauen“, wiederholt Rhein mehrfach. Vertrauen in die Politik, in die Demokratie – aber eben auch in ein Gesundheitssystem, das im Notfall liefert. Arzneimittelsicherheit sei keine technische Randnotiz, sondern Teil staatlicher Fürsorge.
Die zentrale These des Tages bringt Rhein prägnant auf den Punkt: „Arzneimittelsicherheit gibt es nur mit einer starken Pharmaindustrie.“
Ein realistischer Anspruch?
Der Anspruch ist ambitioniert. Doch Rhein spricht nicht nur von Visionen. Er verweist auf die ökonomische Realität: In Hessen arbeiten mehr als 100.000 Menschen direkt oder indirekt in der Branche. Der Standort sei robust, die Infrastruktur vorhanden, die Expertise weltweit gefragt.
Bleibt die Frage, ob Europa – und auch Berlin – bereit ist, Wiesbaden und Co. mehr als nur warme Worte zu schenken.
Symbolfoto – AI-generiert
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