Wiesbaden ist Heimat für Menschen aus 173 Nationen. Fast 40 Prozent aller Bürger haben eine Migrationsgeschichte.
Über den Schlossplatz wehten am Samstag kräftige Gerüche. Empanadas, argentinische Teigtaschen, lockten mit zweierlei Füllungen: vegetarisch mit Gemüse und Käse für drei Euro, oder mit Rindfleisch für fünf Euro, im Ofen goldbraun gebacken. Nur wenige Meter weiter reichte die kroatische Kulturgemeinde dampfende Ćevapčići mit Ajvar, servierte kroatisches Ratatouille Đuveč und würzige Sarma, türkisch inspirierte Krautrouladen, die Erinnerungen an die Balkan-Küche wachriefen. Zum 48. Mal verwandelte sich der Schlossplatz am Samstag in ein buntes Panorama aus Düften, Klängen und Sprachen. Und Kinder tanzten spontan zu Trommelrhythmen, während Jugendliche Selfies vor bunten Vereinsfahnen machten.
Ein Fest der Begegnungen
„Dieses Fest ist ein lebendiges Zeichen für Offenheit, Toleranz und Zusammenhalt“, begrüßte Wiesbadens Integrationsdezernentin Milena Löbke die Besucher. Sie erinnerte daran, dass Vereine und Initiativen nicht nur diesen Tag ausschließlich ehrenamtlich gestalten, sondern vor allem einen Tag für Tag für Begegnungen schaffen und Menschen zusammenbringen.
Auch der Vorsitzende des Ausländerbeirats, Ibrahim Kizilgöz, betonte, dass es um Begegnungen und Zusammenhalt gehe: „Wir sind Nachbarn, Freunde, Kolleginnen. Wir sind eine Stadtgesellschaft.“ Für ihn war der Tag ein doppelter Grund zum Feiern – er brachte gleich auch seine frisch geschlossene Ehe mit auf die Bühne, die er kurz zuvor im Alten Rathaus, im Standesamt, besiegelte. Die Menge applaudierte herzlich, manche Gäste hielten fröhlich lachend ihre Kaffeebecher hoch.
Politik trifft Alltag
Zwischen Tanzaufführungen und kulinarischen Genüssen kamen auch ernste Töne auf. „Rassistische Anfeindungen nehmen zu, rechte Kräfte gewinnen an Boden“, mahnte Löbke. Gerade deshalb sei das Interkulturelle Sommerfest mehr als Folklore. Es sei ein klares Statement: „Wiesbaden lässt sich nicht spalten.“
Stadtverordnete wie Dr. Gerhard Obermeier nutzten die Gelegenheit, Dank auszusprechen. Ohne die überwiegend ehrenamtliche Arbeit der Vereine, so Dr. Gerhard Obermayr, wäre Wiesbaden „wirklich arm dran“.
Gemeinschaft sichtbar machen
Besonders eindrucksvoll wurde es, als Lübke, Kizilgöz und Obermayr die Gelegenheit nutzen, um die anwesenden Mitglieder des Ausländerbeirats auf der Bühne vorstellten. Einer nach dem anderen trat nach vorn, nannte seinen Namen, lächelte ins Publikum – und erhielt Applaus. Zum ersten Mal im Rahmen vom Interkulturellen Sommerfest bekam das abstrakte Gremium Gesichter, Geschichten, Stimmen.
Draußen zwischen den Ständen gingen Gespräche ganz beiläufig weiter. Eine ältere Wiesbadenerin probierte zum ersten Mal tibetische Momos, ein syrischer Familienvater erklärte geduldig die Zutaten seines Süßgebäcks, während seine Tochter die deutsche Übersetzung ergänzte.

Ein sonniger Tag für Wiesbaden
Die Sonne brannte kräftig, doch die Menschen blieben. Kinder tobten überall, Jugendliche jammten mit Gitarren, ältere Paare schlenderten Hand in Hand über das Gelände. Es war ein Fest, das zeigte: Vielfalt macht reich.
Das Interkulturelle Sommerfest Wiesbaden ist längst kein gewöhnliches Stadtfest. Es ist in Wiesabden ein politisches, kulturelles und soziales Bekenntnis: Vielfalt feiern, Zusammenhalt verteidigen – heute und jeden Tag.
Bilder der Veranstaltung sehen Sie hier in der Bildergalerie.
Foto – Interkulturelles Sommerfest auf dem Schlossplatz ©2025 Volker Watschounek
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