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Marianne Berndsen

Eine Frau, die den Bergen trotzt

Mit 100 Jahren blickt eine Marianne Berndsen zurück auf mehr als 150 3000 Meter hohe Gipfel, reiste durch Asien und Europa, sammelte tausende Dias und Erinnerungen. Eine Hommage an ein Leben voller Abenteuer, Kultur und ungebrochener Neugier.

Volker Watschounek 4 Wochen vor 0

Eine 100-jährige Bergsteigerin aus Wiesbaden erzählt von ihren Reisen, Gipfeln und Erinnerungen – ein Leben voller Tatendrang und Entdeckungen.

Man sieht ihr die 100 Jahre keineswegs an. Mit einem frischen Funkeln in den Augen und einer beneidenswerten Fitness wirkt Marianne Berndsen, als könnte sie sofort wieder losziehen und den nächsten Berg erklimmen – vielleicht den Neroberg, der ja immerhin auch seine Reize hat. Eine beeindruckende Dame, die in ihrem langen Leben viel erlebt und vor allem eines gemacht hat: Berge erobert. Bei 150 Dreitausender habe ich aufgehört zu zählen. Auf Nachfrage erfahre ich, dass sie ebenso auf drei Viertausender gestiegen ist.

50 Jahre Hochgebirgsabenteuer

Einem halbes Jahrhundert war sie in den Alpen unterwegs. Dabei hat sie vieles erlebt, was man als Anfänger vielleicht nicht unbedingt machen sollte: Den Großglockner bestiegen, ohne Wasser mitzunehmen. Stattdessen haben sie und ihre Begleiter unterwegs einfach Schnee gegessen – quasi das Original „Bergquellwasser“. Mit Seil und Klettersteigset hat sie viele Routen gemeistert, lange bevor das Klettersteiggehen zum Trend wurde. In ihrem Wohnzimmer merkt man sofort, Bergsteigen betrachtet sie nicht nur als Sport, sondern ebenso als Lebensphilosophie.

Das Glück, das sie hatte

Natürlich hat sie auch die dunklen Seiten des Bergsteigens miterlebt, – und die Tragödie um Laura Dahlmeier zuletzt intensiv verfolgt. Es sei ein trauriges Schicksal, das allen Bergsteigern vor Augen führe, wie schnell das Glück kippen kann. Sie weiß, dass jeder, der ins Hochgebirge geht, mit allem rechnen muss. Auch ihr hätte ein schlimmer Unfall passieren können. Doch bis auf einen Sturz auf einem gewöhnlichen Wanderweg, bei dem sie sich das Bein gebrochen hat, blieb sie von größeren Verletzungen verschont. „Ein Wunder, wenn man bedenkt, wie viel ich unterwegs war.“ Das war der einzige Unfall, der ihr wirklich „passiert“ ist, erzählt die 100-Jährige.

Beruf, Familie und Leidenschaft

Beruflich war sie Verlagskauffrau bei der Rheinischen Verlagsgesellschaft – dort hat sie sich um Bücher gekümmert, allerdings keine selbst geschrieben. Korrekturen, Büroarbeit, Korrespondenz mit Druckern und Verlegern gehörten zu ihrem Alltag. Seit 1948 ist sie außerdem Mitglied im Deutschen Alpenverein, fuhr auch gerne Ski, am liebsten in Alta Badia in Südtirol. Privat war sie verheiratet, ihr Mann war lange Vorsitzender im Deutschen Alpenverein und Beamter im Statistischen Bundesamt. Gemeinsam haben sie einen Sohn großgezogen.

Mount Everest? Lieber Breitorn!

Der Mount Everest reizte sie nie wirklich – dafür hat sie andere Berge erkundet, wie den Breitorn, den sie mindestens so schön findet wie das berühmte Matterhorn. Ihre Hüttentouren hat sie oft ganz allein unternommen. Sie ist von einer Hütte zur nächsten gewandert, hat unterwegs viele Gleichgesinnte getroffen und mit ihnen dann so zwischendurch manchen Gipfel „mitgenommen“. Für sie ist es genau das, was Bergsteigen ausmacht: Freiheit, Natur und die Herausforderung.

Marianne Berndsen
Marianne Berndsen zeigt ein Bild, wo sie mit einen Gipfel erklimmt. ©2025 Volker Watschounek

Leidenschaft fürs Reisen und Kulturen

Neben den Alpen hat sie die Welt entdeckt – mit einem unstillbaren Interesse für ferne Länder, fremde Kulturen und ihre Geschichten. Tausende von Dias hat sie von ihren Reisen gesammelt, kleine Schätze, die sie heute liebevoll in Fotoalben bewahrt. Doch nicht nur die Natur fasziniert sie, auch Kunst und Kultur gehören zu ihren großen Leidenschaften. Davon zeugen die vielen Ausstellungskataloge, die sie in ihrem Erinnerungszimmer wie kostbare Bücher aufbewahrt. Ud es ist eben diese Kombination aus Abenteuerlust und kultureller Neugier, die Marianne Berndsen zu einer wahrhaft vielseitigen Persönlichkeit machen.

Weinfeste und alte Freundschaften

Als gebürtige Sonnenbergerin liebt sie neben den Bergen auch das Rheingauer Weinfest. Seit fast 50 Jahren ist sie regeläßiger Gast. Und so war sie auch in diesem Jahr am Freitagabend beim Eröffnungsabend. Und sie erinnert sich an das erste Weinfest, dass seinerzeit Jürgen Kamps aus der Taufe gehoben hat.

Eins steht fest: Diese beeindruckende Frau hat ihr Leben voll ausgekostet – zwischen Büchern, Berggipfeln, fernen Ländern, Ausstellungskatalogen und Weinbergen. Sie lebt vor, dass das Alter keine Grenze ist, sondern nur eine Zahl. Wer so viel erlebt, gelernt und geliebt hat, kann dem Alter nur lachend begegnen – und sich auf den nächsten Gipfel freuen. Wenn diesmal, vielleicht auch mit einem Auto als Mitfahrerin.

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