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Lukas Schneider zapft ein Guiness und Irmgard Schneider eine Williams Birne.

40 Jahre Klabautermann: Oma Irmgard gibt Irish Pub an Enkel weiter

Am 1. September übernimmt Lukas Schneider den „Klabautermann“ in Schierstein – einen Irish Pub wie aus der Zeit gefallen, vollgestopft mit Flohmarktfunden und Geschichten. Seine Oma Irmgard Rasel geht nach 40 Jahren in den Ruhestand – und übergibt an die nächste Generation.

Volker Watschounek 4 Wochen vor 0

Zwischen Guinness-Zapfhahn und Dartautomaten steht Lukas Schneider. Er freut sich, mit frische Ideen im Klabautermann an die Familientradition anzuküpfen.

Es riecht nach Holz, Geschichte und einem Hauch Guinness. Über der Theke hängt ein altes Schiersteiner Fischernetz, an den Wänden drängen sich Ölgemälde, Pokale und Kuriositäten – gesammelt auf Flohmärkten oder von Gästen geschenkt. Der Klabautermann ist kein Pub wie jeder andere. Er ist eine Raucher- und Dartkneipe, ein Treffpunkt für Fußballmannschaften, Stammtische und Vereinsfreunde. Und ab 1. September führt Lukas Schneider Regie in dieser urigen Bühne.

„Ich wollte nie auf Taschengeld warten“

Der 26-Jährige hat seinen sicheren Job als Unternehmensberater bei Deloitte an den Nagel gehängt. „Ich wollte immer mein eigenes Geld verdienen – und irgendwann auch meinen eigenen Laden führen“, erzählt er, als wir in treffen. Schon mit 19 begann er bei seiner Oma zu jobben, nachdem er zunächst ein Jahr in einer anderen Gastronomie, im alten Schützenhaus an der Fasanerie, gelernt und Gastronomieluft geschnuppert hatte. Fünf Jahre lang stand er neben seinem Studium in Wirtschaftspsychologie immer wieder bei Oma Irmgard hinter dem Thresen –. Als Arbeit hat er es nie empfunden, vielmehr als Hobby.

Oma Irmgards Pub-Geschichte

Für Irmgard Rasel ist der Abschied eine Mischung aus Wehmut und Freude. Als sie 1988 gemeinsam mit ihrem Mann und dessen Bruder und Schwester das Haus in der Freudenbergstraße 16 in Schierstein gekauft haben, stand schnell fest: Der neue Pub sollte einen Namen tragen, der zum Hafenviertel passt. Anker / Zum Anker , Hafenkneipe, Schifferklause„Alle typischen Schiffsnamen waren schon vergeben – und dann kam mein Schwager mit der Idee“, erinnert sie sich die 75-Jährige.

Williams-Birne im „Klabautermann“

Ursprung: Inspiriert von einer Irlandreise in den 1970ern – dekorative Spirituosenflaschen in Pubs gaben die Idee.
Zubereitung: Die Birne wird angestochen, in Williams-Christ-Brand eingelegt und in ein handgehäkeltes Netz aus Paketschnur gehängt.
Ritual: Alle drei Monate wird die Birne gewechselt, der aromatisierte Rest landet – manchmal – als Füllung in selbstgemachten Pralinen.
Status: Kneipenlegende und Fotomotiv – und laut Stammgästen „so typisch Klabautermann wie Guinness und Dart“.

Der Klabautermann ist in der Seemannssprache ein Schiffsgeist, der unsichtbar über Deck schleicht. Man hört ihn, wenn das Holz knarrt, aber sieht man ihn, darf man es angeblich nicht weitererzählen. „Das passte perfekt zu Schierstein – und zu unserer Vorstellung von einem Ort voller Geschichten und Geheimnisse“, sagt Rasel. Und dann war ihr Mann in Irland zum Angeln – er wollte einen Ort, an dem sich alle Generationen wohlfühlen. Das ist gelungen: Gäste zwischen 18 und 93 Jahren kommen zum Dart, Kartenspielen oder einfach zum Plaudern.

Persönlichkeiten am Dartboard

Der Klabautermann ist Heimat des Dartvereins IQ-Darter mit über 90 Mitgliedern, die hier wöchentlich Turniere austragen. Unter den Spielern war auch: Hessens Minister Ingmar Jung. Als er noch Bundestagsabgeordneter war, und ein wenig mehr Zeit hatte, hat er hier schon so manchen Pfeil geworfen – oft zusammen mit Vereinsgründer Tobi. „Es ist egal, wer du bist oder was du machst – am Dartboard sind alle gleich“, sagt Rasel.

„Mord im Irish Pub“

Das Guinness gibt es nach alter Tradition – mit Shamrock im Schaum. Nachdem Oma Irmgard in den vergangenen Jahren etwas kürzer getreten ist und nur noch vier Tage die Woche geöffnet hat, wird der Klabautermann vom 1. September an wieder fünf Tage öffnen, und neue Events sollen den Pub beleben: etwa ein interaktives Krimispiel unter dem Titel Mord im Irish Pub. Enkel Lukas Schneider will die urige und gesellige Pub-Atmosphäre keinesfalls verändern, sondern mit neuen Angebote mehr Gemeinsamkeiten schaffen. Beispielsweise Quizabende für Stammtische und Freundeskreise, vielleicht auch Karaoke. „Ich möchte, dass der Pub ein Ort bleibt, an dem man sich kennt, lacht und gemeinsam spielt“, sagt Lukas.

Die Legende von der Williams-Birne

Der Blick auf den Tresen legt ein weiteres Kneipenoriginal offen: die Williams-Birne, eingetaucht in glasklaren Brand, aufgehängt in einem handgehäkelten Netz aus Paketschnur. Die Idee dazu kam Irmgard während einer Irlandreise in den 1970ern – inspiriert von dekorativen Spirituosenflaschen in Pubs. Rasel und ihr Mann suchten auf Flohmärkten nach einer passenden Glasflasche, verpassten ihr ein Netz und entwickelten daraus eine kleine Tradition.
„Alle drei Monate wird die Birne gewechselt – vorher wird sie mit einer Gabel angestochen, damit der Geschmack ins Glas geht“, erklärt Rasel. Das gibt der beliebten Williams-Birne ihren eigenen Pfiff. Früher verarbeitete sie die aromatisierte Birne nach dem Tausch sogar zu Pralinen, die an Stammgäste verschenkt wurden. „Die waren heiß begehrt – vielleicht lege ich im Ruhestand wieder damit los.“

Faire Preise statt Innenstadtaufschlag

Im Klabautermann bezahlt man für ein frisch gezapftes Guinness 4,70 Euro, den Kaffee gibt es für 2,50 Euro. „Wir sind Schierstein – hier muss es bezahlbar bleiben“, sagt Irmgard Rasel. Während in Wiesbadens Innenstadt der Cappuccino schon mal über vier Euro kostet, setzt der Pub bewusst auf moderate Preise. Viele Gäste kommen nach dem Essen in der Umgebung hierher auf ein, zwei Drinks – ohne das Gefühl, tief in die Tasche greifen zu müssen. „Das ist Teil unserer Philosophie: lieber volle Tische als leere Gläser.“

Hie darf das Auge auf Entdeckungsreise gehen … und kedes einzelne Stück hat seine Gecshichte, ©2025 Volker Watschounek

Ein Museum, das lebt

Jeder Gegenstand an den Wänden erzählt eine Geschichte: das Ölgemälde aus einem irischen Hafen, der Henninger-Krug als Weihnachtsgeschenk der Brauerei, die Drachenbootpokale aus Wettbewerben in der Schweiz und in Oberschleißheim. Es sind Erinnerungen an Gäste, Abende und Begegnungen – an Livemusik und laute Drachenbootrennen, aber auch an stille Gespräche bei einem letzten Bier.

Ruhestand – aber nicht aus der Welt

Irmgard Rasel will reisen, endlich Zeit für sich haben. Doch wenn der Enkel Hilfe braucht, ist sie zur Stelle. „Lukas hat unsere volle Unterstützung. Wir sind eine Familie – und der ‚Klabautermann‘ gehört dazu.“

Foto – Lukas Schneider und Irmgard Rasel ©2025 Volker Watschounek

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