14 Wiesbadener, vom Teenager bis zum Senior, erkundeten ihre Stadt mit offenen Augen. Sie laden dazu ein, hinzuschauen. Kleinigkeiten wahrzunehmen, Wiesbaden neu zu entdecken.
Im Stadtmuseum am Markt wurde am Dienstagabend die Ausstellung Heiße! Quellen! – Eine partizipative Fotoausstellung eröffnet, Sie zeigt Wiesbaden aus völlig neuen Perspektiven. Etwa 150 Besucher kamen in den historischen Marktkeller, um die Bilder und Geschichten von 14 Wiesbadenern kennenzulernen und zu ergründen. Die Werke sind das Ergebnis eines Workshops im Rahmen des Projekts Jemandsland. Das Ziel für jeden Teilnehmer lag darin, die entschleunigt wahrzunehmen und damit einen neuen Blick auf Wiesbaden zu werfen.
Stadt durch die Linse entdeckt
Die Teilnehmer – vom Teenager bis zum Rentner – zogen aus ihre Heimat mit neugierigem Blick ins Visier zu nehmen. Ausgestattet mit Kameras, Smartphones und einer großen Portion Offenheit, machten sie sich auf, Wiesbadens Kraftorte, aber auch seine störenden Ecken, ins Licht zu setzen. Im Fokus stand die Frage: Was sehen wir, wenn wir langsamer hinsehen? Jemandsland ist ein künstlerisches Forschungsprojekt, das dazu einlädt, den urbanen Raum nicht nur als Ansammlung von Gebäuden, sondern als lebendiges Geflecht menschlicher Interaktion wahrzunehmen. In Ihrer Eröffnungsrede sagte die Museumsdirektorin Sabine Philipp, das die Ausstellung ein wunderbares Beispiel für gelebte Partizipation sei. Es geht hier nicht um Postkartenansichten der Stadt, sondern um das Spannungsfeld zwischen Menschen und Raum, das Wiesbaden prägt.
Fotografie als Brücke
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende unterstrich die Bedeutung der ausgestellten Arbeiten: Diese Bilder werden an einem Ort gezeigt, der für Wiesbaden Identität stiftet. Damit spielte er auf die Rolle des Stadtmuseums an, das ein zentraler Ort für das Selbstverständnis von Wiesbaden ist. Prof. Dr. Andreas Brensing von der Hochschule Rhein-Main, der das Projekt wissenschaftlich begleitet hat, lobte die Zusammenarbeit: Solche Kooperationen bereichern nicht nur die Hochschule, sondern auch das kulturelle Leben der Stadt. Das kuratorische Team, bestehend aus Sevrina Giard und Prof. Dr. Theo Steiner, erklärte, dass die entschleunigte Stadtwahrnehmung der Arbeiten das Ergebnis der zentralen Botschaft des Workshops bilde. Obwohl ursprünglich keine Ausstellung geplant war, seien die entstandenen Fotografien so beeindruckend, dass eine öffentliche Präsentation unvermeidlich schien.

Ausstellungseröffnung Heiße Quellen im Stadtmuseum: Unmittelbar bevor die Türen geöffnet wurden. ©2024 Volker Watschounek
14 Menschen, 14 Geschichten
Jede der 14 Teilnehmer erzählt in sechs Fotografien und persönlichen Kommentaren von ihrer Reise durch Wiesbaden – einer Reise, die oft zu wenig beachteten Ecken führte. Ob historische Fassaden oder unscheinbare Straßenzüge, Industrieanlagen oder Grünflächen – durch die Linse entstanden Momentaufnahmen, die die Betrachter zum Innehalten zwingen. Die persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen Stadt und die dabei gewonnenen Eindrücke werden zur Brücke zwischen Alltag und Kunst.
Da erzählt etwa Eduard Hoffmann, der 1945 nach Wiesbaden kam und noch immer mit der Stadt fremdelt – bis err durch das Projekt Jemandsland die Stadt mit neuen Augen sehen lernte: Ich bin kein visueller Mensch, aber das Fotografieren hat mich dazu gebracht, genauer hinzuschauen. Es gibt ein menschliches, kleinteiliges Wiesbaden jenseits der glatten Fassade – das ist eine schöne Entdeckung. Er erzählt vom 8. Januar und den vielen Traktoren, die laut durch die Stadt fuhren. Sie störten. Gut, dass sie störten, sagt er. Die Traktoren weckten auf- Ihn tat das gut und er fragte sich. Was stören Sie, wen stören Sie, wer freut sich darüber? und erinnert sich, Als ich jung war, wurde rebelliert.
Ein lebendiger Abend
Nach den offiziellen Ansprachen nutzten die Besucher die Gelegenheit, durch die Ausstellung zu schlendern, sich mit den Fotografen auszutauschen und den Abend bei Sekt und Musik von DJ Florian Leißler zu genießen. Die entspannte Atmosphäre passte perfekt zu dem Gedanken hinter Jemandsland: Begegnungen schaffen und den Blick auf die Stadt öffnen. Die Ausstellung läuft bis zum 2. März, der Eintritt ist frei.
Foto oben © 2024 Volker Watschounek
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Mehr Informationen zu dem Projekt Jemandsland hier.