Die Kufen flitzen, die Beats pumpen: Im Sommer rollen Inlineskater, im Winter tanzen Eiskunstläufer. Wiesbaden baut ein ganzjähriges Sportparadies.
Der Mörtel zum Verschließen der Grundsteinplatte mischte sich mit Begeisterung, Visionen mit Vereinsarbeit – und sogar die Sonne kam pünktlich hervor, als Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende heute, am 7. August, mit Stadtpolitik und Sportfunktionären den Grundstein für den Sportpark Rheinhöhe setzte. Auf 150 Millionen Euro beläuft sich das Bauprojekt. Was entstehen soll, ist nicht weniger als ein Meilenstein der Wiesbadener Stadtentwicklung: ein moderner Sportkomplex mit Wettkampfbecken, Eishalle, Saunalandschaft und der neuen mattiaqua-Zentrale – kompakt, nachhaltig, barrierefrei.
„Ein Bad, das den Ansprüchen der Gegenwart genügt“
Dass der Tag mehr war als ein Pflichttermin, zeigte schon der ungewöhnliche Auftakt: Moderatorin Anke Seeling bat zunächst um Applaus – nicht für Funktionäre, sondern für jene, die täglich vor Ort arbeiten. Ein Zeichen, das OB Mende sofort aufgriff. „Die Bauleute leisten hier Großartiges. Ohne sie gäbe es all das nicht“, sagte er. Er selbst – begeisterter Schwimmer – verband persönliche Leidenschaft mit politischem Weitblick. „Wir bauen nicht einfach ein Bad neu – wir bauen ein neues Kapitel kommunaler Sportförderung.“
Und tatsächlich: Der Ersatz für das marode Freizeitbad Mainzer Straße umfasst ein 50-Meter-Becken mit zehn Bahnen, ein Leerschwimmbecken mit Hubboden, einen Strömungskanal, ein Kinderplanschbecken und eine überdachte Eishalle, die den Wunsch von 1977, – nach einer Überdachung der Henkell-Kunsteisbahn in der Hollerbornstraße obsolet macht. Dazu kommen Dampfbäder, Außensaunen und ein Saunagarten – geplant unter Rücksicht auf Topografie, Stadtklima und Betriebskosten.
Synergien statt Sparten: Wärme vom Eis fürs Wasser
Wer mit dem Begriff „Wasser in allen Aggregatszuständen“ warb, meinte das wörtlich. Denn im Sportpark Rheinhöhe werden Eishalle und Schwimmbad intelligent gekoppelt: Die Abwärme der Eisproduktion beheizt das Bad. „Ein Paradebeispiel für nachhaltige Energieverwertung“, lobte SEG-Geschäftsführer Roland Stöcklin, der das Projekt seit über zehn Jahren begleitet. Auch eine großflächige Photovoltaikanlage ist vorgesehen. Die Erdarbeiten für das Gebäude, das sich mit abgetreppten Dächern in die Umgebung einfügt, rund 2500 Tonnen Aushub, haben bereits 8000 LKW nahezu vollständig ohne klimaschädlichen Ferntransport zur städtischen Deponie bewegt. Nur wenige LKW, die besonders belasteten Aushub abtransportiert haben, mussten weiter Strecken zurücklegen.

„Schwimmen ist ein Menschenrecht“
Neben Technik und Architektur stand während der Grundsteinlegung die gesellschaftliche Dimension im Zentrum. David Profit, Präsident des Deutschen Schwimmverbands, mahnte mit Blick auf aktuelle Zahlen eindringlich: „Wir verlieren die Schwimmfähigkeit unserer Gesellschaft.“ Thomas baum, Betriebsleiter von Mattqua bat kurz ums Wort und erinnerte daran, dass Wiesbaden hier mit gutem Beispiel vorangehe. Mattiaqua betreibt bereits eine eigene Schwimmschule, die jährlich rund 400 Kindern das Schwimmen beibringt – mit dem neuen Bad soll diese Zahl steigen.
Bühne für neue Sportarten
Groß ist auch die Vorfreude bei den Wiesbadener Eissportvereinen – und das aus gutem Grund. Die neue Eishalle mit einer 30×60 Meter großen Eisfläche wird nicht nur ganzjährig nutzbar und witterungsunabhängig sein, sie ersetzt auch endlich die provisorische Freiluftlösung der Henkel-Kunsteisbahn am Kleinfeldchen.
Eiskunstlauf, Eishockey, Eisschnelllauf und Curling sollen künftig unter einem Dach trainieren und Wettkämpfe austragen können. „Es ist die erste überdachte Wintersportfläche Wiesbadens und damit auch die einzige dauerhafte Möglichkeit für Schlittschuhsport in der Region“, sagt Christiane Wald, Vorsitzende des Roll- und Schlittschuhclubs Wiesbaden.
Doch damit nicht genug: In den Sommermonaten wird das Eis abgetaut – und die Halle zur multifunktionalen Rollsport-Arena umgewandelt. Inline-Slalom, Rollkunstlauf, Roller-Derby, Scooter-Sessions, ja sogar Skate-Workshops für Kinder und Jugendliche sollen dort Platz finden. Mit dieser Doppel-Nutzung der Fläche entsteht ein Modellprojekt, das auch überregional Aufmerksamkeit auf sich ziehen dürfte.
Ein Ort mit vielen Vätern – und aufmerksamen Nachbarn
Dass ein Projekt dieser Größenordnung nicht nur Freunde hat, blieb unausgesprochen – und doch präsent. Mehrfach wurde das Engagement des Ortsbeirats Biebrich hervorgehoben, der frühzeitig Gespräche mit Anwohnern führte und so die Biebricher bereits früh mit ins Boot holte. „Wir wollten Sorgen ernst nehmen, bevor sie zu Widerstand werden“, sagte der Helmut Fritz, Ehrenvorsitzende des Sportkreises Wiesbaden und Mitglied der SPD. Dass ein Rohrbruch frühzeitig durch Nachbarn entdeckt wurde, diente fast schon als Anekdote – und als Symbol für ein Miteinander, das in Beton gegossen wurde. So ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis der erste Biebricher im Bademantel aus dem Haus geht, um morgens in dem 50-Meter Sportbecken seine Bahnen zu ziehen.
2028 soll geöffnet werden – mit oder ohne Skihalle
Für humorvolle Momente sorgten zwei sogenannten Speedrunden, in der Gäste unter anderem gefragt wurden, welchem Aggregatzustand sie sich persönlich zugehörig fühlen – Eis, Wasser oder Dampf? Die Antworten reichten von „Eis für den Cocktail“ bis zur Idee eines künftigen Skihallenzubaus.
Den emotionalen Schlusspunkt setzte dann die Befüllung der Zeitkapsel und den großen Augen, was alles zusammen in die runde Kapsel hineinwanderte: die heutige Ausgabe des Wiesbadener Kurier, die Projektbeschreibung, zwei Badeenten, einen Satz Euromünzen, die Krawatte des scheidenden SEG-Geschäftsfüherer Roland Stöcklin und eine Ausgabe des „Biebricher“ – und in zwei Jahren gut verschweißt den künftigen Eingangsbereich vom Sportpark Rheinhöhe zieren wird. Nicht versteckt, sondern sichtbar – als Einladung an kommende Generationen, sich zu erinnern, was möglich ist, wenn Politik, Planung und Praxis gemeinsam an einem Ziel arbeiten.

Ein Sportpark für alle
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und Baudezernent Andreas Kowol betonten zum Ende, dass es bis zur geplanten Eröffnung Ende 2027 noch viele Aufgaben zu erledigen sind, – dass die Aufgaben auf die Baukosten aber keine nennenswerten Auswirkungen mehr haben würden. Die Baukosten sind zu weiten Teilen vergeben, das Controlling engmaschig, die Pläne verlässlich. „Wir bauen für Familien, für Kinder, für alle. Schwimmen ist kein Luxus, sondern Teilhabe“, sagte Mende.
Was bleibt, ist ein Gefühl: Wiesbaden investiert nicht in Beton, sondern in Begegnung. Im Wasser, auf dem Eis, in der Sauna – und vielleicht auch auf der Zuschauertribüne bei einem künftigen Eishockeyspiel des dann gegründeten Wiesbadener EC.
Foto – © 2025 LH Wiesbaden
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